Wegfall der Neupatientenregelung: Und nun?

Zum Jahreswechsel sind die Veränderungen der Neupatientenregelung bei den Gebietsärzten in Kraft getreten. Das bedeutet, dass die extrabudgetäre Vergütung für Neupatienten wegfällt. Allerdings gilt für die Gebietsärzte weiterhin wie in 2022, dass die Leistungen in der offenen Sprechstunde extrabudgetär für 17,5 % aller Praxisfälle vergütet werden.

Zusätzlich können die Gebietsärzte Zusatzvergütungen erhalten, wenn sie Patienten über die Vermittlung des Hausarztes oder der Terminservicestelle behandeln (bei einem Termin spätestens am 4. Tag +100 % zur Versichertenpauschale, spätestens am 14. Tag +80 %, spätestens am 35. Tag +40 %). Wenn ein Fall, der über die Terminservicestelle läuft und als akut eingeschätzt wird und der Termin spätestens am Folgetag stattfindet, dann gibt es sogar +200 %. Um das besser einordnen zu können, sind hier Beispiele für Grundpauschalen bei 6- bis 59-Jährigen aufgeführt: für den HNO-Arzt 23,56 €, für den Dermatologen 16,43 €, für den Chirurgen 26,55 €.

Ganz sicher sind diese Grundpauschalen knapp kalkuliert und wenn abgestaffelt vergütet bei Überschreitung des Budgets auch nicht mehr kostendeckend. Und erschwerend wird für die Gebietsärzte hinzukommen, dass im für das Regelleistungsvolumen zugrunde liegende Vorjahresquartal coronabedingt weniger Patienten behandelt worden sind.

Die Neuregelungen führen verständlicherweise zu Unsicherheiten bei den Gebietsärzten und es werden Möglichkeiten gesucht, bei vielen Patienten die Zusatzvergütungen zu bekommen. Das erschwert uns gerade die Versorgung unserer Patienten extrem.

Ein Wunsch ist es z. B., dass wir dem Patienten einen Überweisungsschein zu einem Gebietsarzt aushändigen, dem Patienten sagen, er solle bitte zu Dr. A. gehen und rechnen in unserer Praxis die Pauschale für die Hausarztvermittlung 03008 ab mit der dazugehörenden Betriebsstättennummer von Dr. A.. Der Patient geht dann in die Praxis von Dr. A. und erhält dort vom Praxisteam einen Termin möglichst bis Tag 4. Laut Praxis Dr. A. sind beide Seiten Gewinner: Dr. A. bekommt die doppelte Grundpauschale, der Hausarzt bekommt 15,05 € sogar für das Nichtstun! Aber: Das ist Abrechnungsbetrug, von dem wir uns klar distanzieren. Und so war die Regelung um die Hausarztvermittlung auch nicht gedacht. Sie sollte für einzelne Patienten aus besonderen Gründen gelten. Von daher ist es auch verständlich, dass bei 15 % der Quartalsfallzahl des Hausarztes (also z. B. 150 mal Ziffer 03008 abgerechnet bei angenommenen 1000 Patienten im Quartal) der betroffene Hausarzt zur Plausibilitätsprüfung durch die KV aufgegriffen wird.

Ein weiterer Wunsch ist es, jedem Patienten einen Vermittlungscode zur Terminvermittlung über die 116117 auf den Überweisungsschein zu kleben. Aber: Dies ist nur für die Patienten gedacht, die innerhalb von 4 Wochen eine Behandlung benötigen und durch eigene Bemühungen keinen Termin bei einem Gebietsarzt bekommen. Es ist auch unvorstellbar, wie über die 116117 nun sämtliche Gebietsarzttermine vermittelt werden sollen. Das führt zur Überlastung der 116117 und: Die Ärzte haben einfach zu wenig Termine eingestellt.

Eine neue Möglichkeit ist es für uns Primärärzte, dem Patienten, bei dem wir wirklich den Bedarf an kurzfristiger fachspezifischer Behandlung sehen, einen Termin über den eTerminservice der KV bei einem Gebietsarzt zu vereinbaren. Aber auch hier scheitert es an der zu geringen Anzahl der eingestellten Termine.

Wichtig: Bei der Hausarztvermittlung eines Termins müssen wir ab Tag 5 eine Begründung in die Patientenakte eintragen, warum der Patient nicht selbst einen Termin vereinbaren kann oder zur Vermittlung die 116117 kontaktieren kann. Die Begründung liegt in unserem Ermessen. Ich denke, Demenz oder Komplexität des Krankheitsbildes wären solche Gründe. Ab Tag 25 muss die Begründung sogar im Freitextfeld in der Abrechnung erscheinen.

09.01.2023, Dr. Ulrike Hackenberg

Für die Korrektheit der Abrechnungsziffern, Pauschalen und gesetzlichen Regelungen wird von der Autorin und vom Verein keine Gewähr übernommen. Korrekturhinweise werden gern entgegengenommen.